Magische Momente in Wittens Magic Academy
Bericht aus "Revierkind" - Das regionale Familienmagazin, 15.12.2015
Ein Junge schwebt scheinbar schwerelos auf der Bühne, ein Bindfaden verwandelt sich in eine Goldkette und aus dem Nichts erscheinen Tücher und Bälle und verschwinden wieder. Wer hätte gedacht, dass Hogwarts - die berühmte Zauberschule aus den Harry-Potter-Romanen - in Witten zu finden ist? Nun, ganz so groß wie Hogwarts ist die Zauberschule „Magic Academy“ dann doch nicht. Aber Zaubern lernen kann man hier trotzdem. Und zwar jeder – vom Einsteiger bis zum Fortgeschrittenen.
Heute findet der monatliche Zauberabend „TrickReich“ statt, bei dem besonders die jüngeren Zauberschüler ihr Können unter Beweis stellen können. Ich nehme in einem der bequemen Ledersessel vor der Bühne Platz und bin nach wenigen Augenblicken wie gebannt. Der Zauberprofi Dr. Marrax aus Stuttgart ist zu Gast und führt durch das Programm. Nach einigen Tricks zum Aufwärmen kommen die wahren Stars des Abends auf die Bühne: die Zauberschüler.
Der 24-jährige Shabaz trennt und verbindet dicke Seile scheinbar nach Belieben ohne jegliche Knoten und lässt Bälle auftauchen und wieder verschwinden. Die 11-jährige Gloria bezaubert im blauen Glitzerkostüm und mit bunten Tüchern, die sich ohne ihr Zutun verknoten und die Farbe ändern. Die Brüder Vincent und Philipp albern herum und lassen nebenbei noch einen befreundeten Zauberschüler über die Bühne schweben. Tiago führt nicht nur magische Kartenkunststücke vor, sondern begeistert auch mit beeindruckenden Jonglierkünsten. Auch der momentan jüngste Schüler Jan lässt es sich mit seinen zehn Jahren nicht nehmen, den Zuschauer hinters Licht zu führen. Beim bekannten Hütchenspiel lässt er Bälle unter andere Hütchen wandern und hat am Ende sogar eine Limette unter einem der Becher.
Die Magic Academy Witten e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich mit Abenden wie diesem der qualitativ hochwertigen Förderung von moderner und zeitgemäßer Zauberkunst widmet. Entstanden ist der Verein vor einem halben Jahr aus der Zauber-AG der Rudolf-Steiner Schule in Witten. Diese war ursprünglich Teil eines Zirkusprojekts der Klasse von Shabaz. Seine Mutter Susanne Malik erzählt: „Ich habe das Zaubern von meinem Vater gelernt. Als es in der Klasse meines Sohnes dieses Zirkusprojekt gab, habe ich angeboten, eine Zauber-AG zu leiten. Denn Zauberer fehlten noch im Programm. Mit zwei interessierten Schülern haben wir dann begonnen. Damals noch bei uns zu Hause im Wohnzimmer.“
Heute hat die „Magic Academy“ 35 Mitglieder und eigene Räumlichkeiten in einer ehemaligen Gaststätte in der Sprockhöveler Str. 111. Neben dem Saal und der Bühne mit professioneller Beleuchtung und Tontechnik gibt es hier auch Übungsräume, der kleine Barbereich „Hexenkessel“ lädt zum Verweilen ein. Außerdem hat die „Magic Academy“ jetzt endlich Platz für die vielen Requisiten, Kostüme und Zauberutensilien. „Früher haben wir in der Schule geprobt und die Sachen in einem Container gelagert. Aber der ist irgendwann aus allen Nähten geplatzt“, erinnert sich Shabaz. So entschied die Schule, die neuen Räumlichkeiten anzumieten.
Ich darf sogar einen Blick in die Requisitenkammer und in das Lager für Großillusionen werfen. Und das, obwohl auf einem großen Schild steht „Zutritt nur für Zauberer und Hexen“. Hinter der Tür verbergen sich allerlei Kulissen und Zubehör für klassische Kunststücke wie die bekannte „Zersägte Jungfrau“ und viele weitere mysteriöse Kistchen und Kästchen. Da vieles davon sehr teuer ist, entschied man sich zur Gründung des Vereins, um die Zauberei auch finanziell möglich zu machen.
Damit die Kunststücke der kleinen Zauberer auf der Bühne so gut gelingen wie heute Abend, muss viel geübt werden. Die „Magic Academy“ bietet deshalb regelmäßig Zauberunterricht und Workshops an. Dabei werden alle Sparten der Magie abgedeckt: vom Kartenkunststück über Mentalmagie bis hin zur Großillusion ist alles dabei. Dabei arbeitet der Verein eng mit seinem Dachverband, dem Magischen Zirkel von Deutschland zusammen. Im Rahmen des Lehrplans können Prüfungen abgelegt werden, die bei Bestehen mit einer Urkunde belohnt werden. Die Workshops sind auch für Nichtmitglieder geöffnet. Teilnehmen können alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die Interesse an der Zauberkunst haben. Die Kosten der Einzelbuchung belaufen sich auf 35 Euro, für Schüler und Studenten gibt es eine Ermäßigung auf 25 Euro. Übungsmaterial und Getränke sind im Preis enthalten. Eine ideale Gelegenheit, um in den Verein hineinzuschnuppern. Für Vereins-Mitglieder sind die Unterrichtsstunden im monatlichen Beitrag enthalten.
Und das Üben lohnt sich. Die Brüder Phillip (15) und Vincent (13) wollen bei den nächsten Meisterschaften dabei sein. „Irgendwann geht einem Zaubern einfach in Fleisch und Blut über“, erzählt Philipp. „Ich habe mich schon mehrmals dabei ertappt, wie ich beim Warten auf den Bus aus Langeweile Münzen hervorgezaubert habe.“ Vincent benutzt seine Tricks auch im Alltag: „Den ein oder anderen Streich kann man damit gut umsetzen. Aber es ist auch nervig, wenn mein älterer Bruder ständig Sachen verschwinden lässt und mich mit meinen eigenen Kunststücken austrickst.“ Neben allerlei verblüffenden Kunststücken lernen die Zauberschüler noch etwas: Die Gruppe versteht sich gut, die Teilnehmer stärken ihr Sozialverhalten und ganz nebenbei verbessern sie noch ihre motorischen und sensitiven Fähigkeiten. Aber nicht nur auf Fingerspitzengefühl und Geschicklichkeit kommt es bei der Zauberei an. „Besonders die Präsentation entscheidet über das Gelingen eines Tricks“, erklärt Susanne Malik, die den Unterricht noch immer leitet und besonderen Wert auf die Präsentationstechniken legt. Die vielen Auftritte vor Publikum helfen den Kindern, sich geschickt und souverän vor Menschengruppen zu bewegen. „Man gewinnt an Selbstbewusstsein, selbst wenn man vorher eher schüchtern war“, bestätigt Shabaz.
Als ich mich nach der Show noch mit den Zauberern unterhalte, merkt man, wie gern sie ihrem Hobby nachgehen. Ständig werden mir Münzen aus dem Ohr gezogen und scheinbar habe ich unendlich viele Schaumstoffbälle in meiner Tasche gehabt, von denen ich nichts wusste. Tiagos Kartentricks habe ich bis zum Ende nicht durchschaut und Shabaz kann meine Gedanken lesen. Wie sie das gemacht haben, wird aber natürlich nicht verraten. Aber genau darin liege ja der Zauber, verrät Inge Brüggemann, die Mutter von Vincent und Phillip. Obwohl sie selbst zaubert, verschließt sie bei einigen Tricks ihrer Söhne die Augen, um nicht dahinter zu kommen.
Dass der „TrickReich“- Abend nicht nur eine Aufführung, sondern auch ein Treffpunkt für Magier und Zauberer aus der Umgebung ist, zeigt sich schnell. Denn auch viele Zuschauer entpuppen sich nach der Show im „Hexenkessel“ plötzlich als waschechte Zauberer. Da entzünden sich spontan Portemonnaies und vor meinen Augen verwandelt sich ein Stück Papier zunächst in einen echten 20-Euro-Schein und dann in einen 50-Euro-Schein. Wie hat er das gemacht? Das will ich auch können! Vielleicht lerne ich es ja bei einem der nächsten magischen Workshops.
Text und Foto von: Bettina Fischer
Das bietet die „Magic Academy“
Der Unterricht findet wöchentlich zu festen Terminen statt, die Workshops in der Regel samstags von 10.30 Uhr bis 15.00 Uhr. Die Anmeldung, weitere Informationen und alle genauen Termine finden Sie unter www.magicacademy-witten.de. Immer am zweiten Montag im Monat findet der Zauberabend „TrickReich“ statt. Beginn ist 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei. Einmal jährlich findet die große Zaubergala statt, an der alle Zauberschüler teilnehmen. Die Bühnenshow umfasst unzählige Tricks. Von Klassikern wie der „zersägten Jungfrau“ bis hin zu schwebenden Tischen ist alles geboten.